Joachim Kübler sprach mit Mona Kauer (Dipl. Sozialarbeiterin (FH), Case Managerin (DGCC), Pflegeberaterin) vom Pflegestützpunkt Bad Kreuznach.
Frage:
Guten Tag, Frau Kauer. Sie sind im Pflegestützpunkt Bad Kreuznach tätig und werden täglich mit Anfragen zum Thema Pflege konfrontiert. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz im Jahr 2008 wurden die bundesweiten Pflegestützpunkte quasi initiiert. Wer sind die Träger des Pflegestützpunktes und was ist die grundsätzliche Aufgabe eines Pflegestützpunktes?
Mona Kauer:
Die Pflegestützpunkte sind kostenlose, neutrale Beratungsstellen für gesetzlich Versicherte. Sie werden finanziert vom Land Rheinland-Pfalz, den Landkreisen und kreisfreien Städten, den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen und den Trägern der Fachkräfte der Beratung und Koordinierung. Wir beraten in Fragen zu Alter, Krankheit und Behinderung. Außerdem haben wir eine Lotsenfunktion, da wir durch unsere Arbeit einen guten regionalen Überblick der einzelnen Institutionen haben. So können wir in speziellen Fragen auch auf passende Institutionen verweisen. Betroffene, sowie An- und Zugehörige, können unser Angebot in Anspruch nehmen.
Frage:
Bedarf es eines Pflegegrades meines Angehörigen, um als Pflegeperson Entlastung und Unterstützung zu bekommen?
Mona Kauer:
Ist ein Hilfebedarf langfristig, ab 6 Monaten, und in einem bestimmten Umfang, ist es sinnvoll, über eine Beantragung des Pflegegrades nachzudenken, um nach Erhalt eines Pflegegrades Entlastungsmöglichkeiten durch die Pflegeversicherung zu bekommen. Das kann in finanzieller Form oder als Unterstützung im Haushalt, in der Betreuung oder Pflege sein. Handelt es sich um einen kurzweiligeren Hilfebedarf, hat sich z.B. eine Person etwas gebrochen, bekommt man gegebenenfalls Hilfe über die Krankenkasse. Sollte es sich nur um einen kleinen Hilfebedarf handeln, z.B. ausschließlich im Haushalt, kann man unter bestimmten Voraussetzungen Unterstützung über die Sozialhilfe bekommen.
Frage:
Pflege will gelernt sein. Gibt es für pflegende Angehörige eigentlich Pflegekurse?
Mona Kauer:
Ja, Pflegekurse werden in verschiedenen Formen angeboten: in der Gruppe, als Einzelschulung am Pflegebett, zu Hause oder online.
Frage:
Viele Angehörige sind berufstätig. Bekommen pflegende Angehörige eine Möglichkeit, nur noch in Teilzeit zu arbeiten oder im Beruf zu pausieren.
Mona Kauer:
Es gibt Modelle, die sich der besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf widmen. Dazu zählen die kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Arbeitstagen, die Pflegezeit und die Familienpflegezeit. Hier bedarf es einer individuellen Beratung. Eine finanzielle Zuwendung kann das Pflegegeld sein, welches ab Pflegegrad 2 genutzt werden kann.
Frage:
Weniger Berufsjahre bedeutet ja auch weniger Rente. Werden verlorene Rentenpunkte ausgeglichen?
Mona Kauer:
Unter bestimmten Voraussetzungen werden Rentenbeiträge für die pflegenden Angehörigen gezahlt.
Frage:
Welche Entlastungsmöglichkeiten gibt es, wenn Angehörige in Teilzeit arbeiten und keine Vertretung da ist?
Mona Kauer:
Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Betreuung bei Berufstätigkeit abzudecken. Ich denke da beispielsweise an die Tagespflege. Über Tag können pflegebedürftige Menschen dort über mehrere Stunden versorgt werden, es wird gemeinsam gegessen und die Institution bietet Beschäftigungsangebote an.
Alternativ können ambulante Dienste auch in die Häuslichkeit kommen.
Frage:
Und was ist, wenn Angehörige selbst krank sind oder mal in Urlaub wollen, um Kraft zu tanken?
Mona Kauer:
Es ist sehr wichtig, dass pflegende Angehörige auch selbst Kraft tanken und sich wohlfühlen. Über die Kurzzeitpflege kann beispielsweise während eines Urlaubs Tag und Nacht die Versorgung des Angehörigen sichergestellt werden. Die Verhinderungspflege stellt eine weitere finanzielle Möglichkeit dar. Diese Leistungsart ist flexibel. Neben der Nutzung von stationären Einrichtungen kann sie auch zur Finanzierung einer Versorgung in häuslicher Umgebung durch ambulante Dienste oder private Personen genutzt werden.
Frage:
Pflege ist ja auch körperlich anstrengend. Welche Hilfsmittel und technischen Unterstützungen gibt es und wer bezahlt sie?
Mona Kauer:
Die Hilfsmittel, welche über die Krankenkasse laufen, dienen dem Ausgleich einer Behinderung, wie z.B. dem Rollstuhl. Technische Pflegehilfsmittel werden bei der Pflegeversicherung beantragt. Diese sollen die Pflege erleichtern, die Selbständigkeit fördern oder Beschwerden lindern. Hierzu gehört beispielsweise das Pflegebett. In der Regel müssen die (Pflege-) Hilfsmittel über den Arzt verordnet werden. Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel müssen nicht verordnet werden, es genügt die Bewilligung eines Pflegegrades und die Beantragung. Hierzu zählen z.B. Desinfektionsmittel und Einmalhandschuhe. Werden Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, muss vom Versicherten evtl. einen gesetzliche Zuzahlung geleistet werden.
Frage:
Oft sind ältere Wohnungen und Häuser nicht barrierefrei oder rollstuhlgerecht. Gibt es Hilfen in solchen Fällen für Umbau zum Beispiel von Bädern?
Mona Kauer:
Liegt ein Pflegegrad vor, ist es möglich einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro für „Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“ bei der Pflegeversicherung zu beantragen. Hierzu können Umbaumaßnahmen wie z.B. eine ebenerdige Dusche, Türverbreiterungen, Treppenlifte oder Rampen zählen.
Frage:
Die Pflege kann physisch und psychisch belastend sein. Gibt es spezielle Programme oder Unterstützung, wie beispielsweise Kuren für pflegende Angehörige?
Mona Kauer:
Ja, es kann eine Vorsorge- und Rehabilitationskur für pflegende Personen kann beantragt werden.
Vielen Dank, Frau Kauer, dass Sie das Angebot des Pflegestützpunktes beschrieben haben.
Kontakt zum Pflegestützpunkt Bad Kreuznach:
Servicetelefon 0671/920473-0HIER finden Sie weitere Interview zum Thema:
Unterstützung für pflegende Angehörige.
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