Gerne möchte ich in dieser Ausgabe der Seelentanke noch einmal auf der Spur der „Sehnsucht nach Verbundenheit“ gehen, die Frau Marx im Juni beschrieb:
Wahrnehmen, wo und mit wem fühle ich mich gut und hilfreich verbunden in meinem Alltag, in meinen kleinen und großen Themen meines Lebens und des Lebens um mich herum.
Ja, ich kann bestätigen, „mich verbunden fühlen“, das ist eine wertvolle und stärkende, haltende Kraft.
Derzeit erschließt sich mir vor allem die Möglichkeit der „Verbundenheit im Gebet“ immer wieder ein Stück neu.
Ganz unterschiedlich zeigt sich mir diese, unterschiedlich macht sich mir diese spürbar.
Gott sei Dank unterschiedlich, möchte ich sogar sagen,
denn nicht jeder Tag ist gleich, nicht an jedem Tag kann ich mich in gleicher Weise Gott im Gebet zuwenden und meiner Verbindung zu ihm und seiner Verbindung zu mir nachspüren.
In einer Woche im Mai lernte ich im Haus der Stille der ev. Kirche im Rheinland in der Gebetsweise der Kontemplation kennen, wie mein gedankenvolles Beten im Laufe der Tage in der Stille immer mehr zur Ruhe finden konnte. Nicht nur Ruhe im Kopf wurde mir erfahrbar, sondern Ruhe in mir drin. In ihr – meine ich – das „pure Ja“ Gottes habe wahrnehmen zu können, seine zugewandte Gegenwärtigkeit in mir, ohne Anstrengung meinerseits. Diese Erfahrung war mir ein Geschenk und ich trage ihre Wirkung in meiner Erinnerung tief in mir. Sie ist mir nicht abhandengekommen und doch konnte ich diese Erfahrung nicht genauso halten wie in dieser Woche in der Stille. Es sind wohl auch besondere Zeiten, in denen dies möglich wird.
Im Alltag rückten andere Themen und Herausforderungen diese besondere Ruhe im Gebet wieder zur Seite.
Doch wie ein Punkt oder wie ein Faden bleibt mir diese Erfahrung der mir zugewandten und verbundenen Gegenwärtigkeit Gottes mitten in der Unruhe derzeit immer wieder erfassbar. Ein „Punktgebet“ oder „Fadengebet“. Es erinnert mich auch an das Bild der „Tiefenbohrung“ wie die Mystikerin Madeleine Delbrêl es zum Ausdruck gab, an das „rasche Untertauchen in Gott im Laufe des Tages“, wie sie formulierte.
Oder mein Erleben der Natur wird für mich zum Gebet, wenn ich meinen Dank dafür spüre, meine Freude, meine bescheidene und doch ganz existente Verbindung in ihr mit der großen Schöpferkraft Gottes, die so Wunderbares schafft.
Auch das sind dann Ruhe-Inseln, in denen mir Gottes Gegenwärtigkeit still und kraftvoll spürbar wird.
Ein Text der ökumenischen Iona- Kommunität, den ich erst kürzlich entdeckte, drückt für mich unsere Schöpfungsverbundenheit in Gott ganz besonders aus.
Vielleicht spricht der Text auch Sie an und wird für Sie ein großes wunderbares und verbindendes Gebet.*
Am Anfang schuf Gott die Welt:
Schuf sie und zog sie auf, formte sie und hielt zu ihr,
füllte sie mit Samen und Zeichen der Fruchtbarkeit,
füllte sie mit Liebe und die Menschen mit Begabung.
Alles, was grün, blau, tief ist oder wächst:
Durch Gottes Hand bist du geschaffen.
Alles, was zart, fest, duftend oder eigenartig ist:
Durch Gottes Hand bist du geschaffen.
Alles, was kriecht, fliegt, schwimmt, geht oder reglos ist:
Durch Gottes Hand bist du geschaffen.
Alles, was spricht, singt, weint, lacht oder schweigt:
Durch Gottes Hand bist du geschaffen.
Alles, was leidet, mangelt, hinkt oder am Ende ist:
Durch Gottes Hand bist du geschaffen.
Die Welt gehört Gott.
Die Erde und alle ihre Menschen gehören Gott.
* Aus der Liturgie der Iona- Kommunität
Diakonin Annette Stambke
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